Johann W. Mießeler
In und um Eiserfey herum gab es mehrere teilweise noch erkennbare Kalksteinbrüche. Neben der Eisenverhüttung und deren Veredelung war der Kalksteinabbau und das Kalkbrennen mit Beginn um 1820 über Jahrzehnte ein florierender Wirtschaftszweig, der vielen Eiserfeyer Arbeit und Brot gab. Der gebrannte Kalk wurde in erster Linie auch von den Bauern verwandt: zum Düngen der Felder. Zum Tünchen der Wohnungen und Ställe wurde er genutzt. Wollte man den Kalk zu Bauzwecken verwenden, kam der gebrannte Kalk in eine Grube und wurde mit Wasser und Sand vermengt, bis man die richtige „Speijs“ (Mörtel) hatte.
Die Steigerung der Bleierzverhüttung im Mechernicher Bleibergwerk erhöhte auch den Bedarf an Kalkstein. Der gewonnene Kalkstein wurde in Hochöfen zu Kalk gebrannt oder bei der Erzverhüttung zugesetzt. Ab 1883 wurde der bis dahin mit Fuhrwerken durchgeführte Kalksteintransport aus Kostengründen durch eine Transportseilbahn weitgehend ersetzt. Die Seilbahn führte von Hausen über Tivoli am Ort Vollem vorbei über Bergheim zur Magdalenenhütte am Bachrevier nach Mechernich und war bis 1929 in Betrieb. Veränderte Verhüttungsmethoden erforderten weniger Kalkstein, sodass die Seilbahn 1934/35 abgerissen wurde.
Im Jahre 1854 werden gleich zwei Personen im „Amtlichen Mitteilungsblatt des Kreises Schleiden“ benannt, die beabsichtigen, Kalköfen zu errichten und zu betreiben. Dabei handelte es sich im Februar des Jahres um Clemens August Schmitz und im Juli um Joseph Volheim. Der Ofen von Schmitz befand sich im Auel (»ahle Kalk«) gegenüber dem damaligen Hüttenwerk »de Hött«, Volheims Ofen »im Kalk« am Weg von Eiserfey nach Harzheim (heutiger Platz der Eiserfeyer Grillhütte).
In den nachfolgenden Jahrzehnten bis ca. 1931 inserierten verschiedene Kalkofenbesitzer und boten Kalk und Kalkasche zum Verkauf an.
Weitere Informationen zur Entstehung des Kalksteins hier
Kalkbrennen »ahle Kalk«
Der Ofen von C. A. Schmitz befand sich im Auel gegenüber dem damaligen Hüttenwerk »de Hött«. Der Hochofen wurde im Laufe des Jahres 1854 in Betrieb genommen.
Im Archiv für Bergbau und Hüttenwesen, Band 6, von Carl Karstens aus dem Jahr 1823 wird von Ober Bergamt Referendarius von Dehnhausen die Benutzung der Hochofen-Gichtflamme zum Betrieb eines Kalkofens in Eiserfey beschrieben und skizziert.
„Ein Kalkofen welcher auf der Gicht des Hochofens angebracht wird, richtet sich im Allgemeinen nach der Beschaffenheit der Gicht, außerdem findet in den einzelnen Dimensionen eine große Willkür statt.
( 1 Zoll = 2,54 cm / 1 Fuß = ~ 30 cm / 1 Kubikfuß = 28,3 l )
M (Figur 10) deutet den Hochofenschacht an, welcher vom Bodenstein bis zur Gichtöffnung etwa 20 Fuß hoch ist . N (Figur 9) ist die 36 Zoll lange und 12 Zoll breite Gichtöffnung.
Der Kalkofen ist aus Bruchsteinen (schiefriger Grauwacke) ausgeführt. Er ruht auf starken eisernen Platten (a a a) welche auf der Gicht aufliegen. Die Sohle der Kalköfen (b b) besteht aus Bruchsteinen. Auf jeder langen Seite der Gicht befindet sich ein Kalkofen. Beide werden abwechselnd betrieben. Durch die Öffnung (c) tritt die Gichtflamme in den Ofen. In der Decke, oben im Gewölbe des Ofens, befinden sich vier Zuglöcher (d d d d). Die eiserne Platte (e) über der Gicht ist dazu bestimmt, zu verhindern, daß die Gichtflamme nicht in die Höhe entweicht. Die eiserne Platte (f) wird abwechselnd vor die Feueröffnung des einen oder anderen Ofens gestellt, indem immer nur ein Ofen um den anderen im Betriebe ist. Diese Platte ist mit einem Handgriff versehen, um sie bequem handhaben zu können. (g, g, g, g, g) sind starke Anker, welche die Kalköfen von allen Seiten umgeben und zusammenhalten, weil sie sich durch die große Hitze bedeutend ausdehnen. Der Kalkofen wird so eingesetzt, daß einige Züge oder Feuerkanäle in demselben offen bleiben. Alsdann wird die Vorderwand des Ofens mit lufttrockenen Backsteinen zugemauert.
An den Kalköfen zu Eiserfey enthält jeder 48 Kubikfuß oder 27 Scheffel . Diese 27 Scheffel werden in 36 Stunden gargebrannt. In einem Jahr, zu neun Schmelzmonaten gerechnet, können daher in beiden Öfen 4860 Scheffel oder 1490 Dürener Malter Kalk gebrannt werden.
Das Dürener Malter wird für 50 Stüber verkauft (Stüber = 4 Pfennig, Münze 15.-19. Jahrhundert). Bei den sehr geringen Unkosten kann man wenigstens die Hälfte dieser Summe als reinen Gewinn betrachten und wahrscheinlich ist derselbe noch viel beträchtlicher.
Das Kalkbrennen geschieht entweder durch besondere Meister, oder durch die Auflaufer. Es soll Übung und Geschicklichkeit in der Direktion des Feuers dazu erforderlich sein und nicht Jedem soll es gelingen, immer gleich guten Kalk zu brennen. Es lassen sich darüber keinen allgemeinen Regeln aufstellen, denn wahrscheinlich will jeder Kalkstein auf seine eigene Art behandelt sein.“
Soweit die Beschreibung des Herrn von Dehnhausen. Die Eiserfeyer Hochofentechnik hatte anscheinend einen hohen technischen Stand. Wer zu diesem Zeitpunkt den Hochofen betrieb, ist nicht ermittelt.
Wie lange die einzelnen Kalköfen betrieben und wann sie stillgelegt wurden, konnte bisher noch nicht ermittelt werden. Reste der Gesamtanlage des Ofens im Auel dienten im Zweiten Weltkrieg der Eiserfeyer Bevölkerung noch als Schutz bei alliierten Bombenangriffen. Die restlichen Überbleibsel wurden beim Hausbau in den 1970er Jahren zugeschüttet, sodass er heute nicht mehr zu erkennen ist.
Quellen:
- Kasig, Werner: Zur Geschichte der deutschen Kalkindustrie und ihrer Organisation: Forschungsbericht von W. Kasig und B. Weiskorn. Hrsg. V. Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie e. V., Düsseldorf 1992
- Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden, März 1854, Juli 1854, März 1859, März 1866, Mai 1868
- Gemünder Wochen- und Anzeigenblatt 02.03.1854, 27.07. 1854
- Archiv für Bergbau und Hüttenwesen, Band 6, von Carl Karstens 1823, S. 369ff u Band 7
- Preußische Masse um 1860. Bürger- und Heimatverein Heven e. V.
- Die älteren und neuen Masse und Gewichte der Königlich Preußischen Rheinprovinz. Ein Handbuch für Beamte, Kaufleute und Geschäftsmänner. Hrsg. C.L. W. Aldefeld S. 42-43
- Helmut Kahnt: Das große Münzlexikon von A bis Z. Regenstauf 2005
- Eifel Zeitung. Kalbkrenner aus der Eifel
- Wikipedia Kalkstein
- Wikipedia Kalkofen
- Seilnacht: Geschichte der Kalknutzung
- www,pruem.net/html/handwerk2
- Foto aus Eifelvereinsblatt vom 1907, Seite 100
- Fotos Privat