Gaststätte „Em Stöffje“

Gerd Nöthen

Die Gastwirtschaft „Em Stöffje“ ist mit ihrer annähernd 200 Jahre alten Geschichte heute noch die traditionellste und urigste Gastwirtschaft in Eiserfey.

Gastwirtschaft „Em Stöffje“

Nach dem Öffnen der alten Eingangstüre betritt man zuerst den ehemaligen alten Schankraum mit seinen rohen, unbehauenen und von unzähligen Schuhen der Gäste geglätteten Steinbo-den. Die niedrige Deckenhöhe, das alte Fachwerk, die kleine ehemalige Theke, der alte Herd und die ganze Einrichtung versetzen den Gast in eine vergessene alte Zeit.
In dem nach derzeitiger Kenntnis eines der ältesten Häuser Eiserfeys führt die Wirtin Kathi (Katharina) Frings, geb. Nassheuer, eine Nachfahrin des ersten bekannten Konzessionärs, nun seit 45 Jahren die Bewirtung der Gäste fort. Sie übernahm im Januar 1972, acht Tage nach dem Tode ihrer Tante Anna Nassheuer, in der Dorfbevölkerung auch besser bekannt unter dem Namen „Nells Ann“, die Gastwirtschaft.
Anfang 1838 erhält Johann Nell einen polizeilichen Erlaubnisschein als Schankwirt. Es ist je-doch anzunehmen, dass schon vorher Schankerlaubnisse vorgelegen haben.

Anzeige einer Kaufhandlung

Alte Anzeigen beweisen, dass die Gastwirtschaft sehr häufig für Amtshandlungen und Kauf-handel genutzt wurde.
Nach dem Tode von Johann Nell führte seine Frau die Gastwirtschaft bis zum Ende des 1900 Jahrhunderts weiter. Ihre gemeinsame Tochter heiratete den 1857 in Dreimühlen geborenen Heinrich Nassheuer. Er diente als Soldat in der ersten Kompanie im Rheinischen Infanterie-Regiment Nummer 25 in Straßburg.
Heinrich Nassheuer übernahm schließlich nach dem Tode seiner Schwiegermutter die Konzes-sion der Gaststätte.Er heiratete jedoch noch einmal. Seine zweite Frau war Katharina Gerhards aus Weyer. Mit ihr hatte er sechs Kinder. Der einzige Sohn war Jakob Nassheuer. Er übernahm 1933 die Konzession von seinem Vater. Den Lebensunterhalt für seine Familie ver-diente er als Arbeiter im Bleibergwerk Mechernich „Auf Spandau“ und im Steinbruch der Kakushöhle. Die Gastwirtschaft wurde aus diesem Grund von seinen fünf Schwestern und seiner Frau geführt. Seine jüngste Schwester Anna war als einzige nicht verheiratet und über-nahm schließlich bis zu ihrem Tode die Bewirtung der Gäste. Sie wurde im Dorf nur „Nells Ann“ genannt (Alte Familiennamen und Bezeichnungen wurden in Eiserfey gerne von der Dorfbevölkerung weiter verwendet). Der Ausschank befand sich zu jener Zeit in dem heuti-gen Flur der Gastwirtschaft. Neben dem Ausschank war ein Raum mit Tischen, an denen sich Gäste niederlassen konnten. Mittels einer Durchreiche in der Wand wurden die Gäste des Raums mit Getränken versorgt. An der kleinen Theke, ca. 1,5m lang, wurde das Bier gezapft. Direkt daneben stand ein alter Herd, an dem zur Mittagszeit gekocht wurde. So kam es vor, dass, wenn Nells Ann nicht hinsah, Gäste sich einen Spaß machten und ein „Schnaps“ in der Suppe landete. Als der damalige Pastor Louven von einer Feier leicht angetrunken zur Theke kam, bekam er von Nells Ann zu hören: „Herr Pastor, Sie sind betrunken, Sie bekommen hier keinen Schnaps mehr“.

Heinrich Nassheuer ca. 1880

Wie viele Bürger des Dorfes hatte Nells Ann auch eine Kuh. Sie führte sie nach dem Melken, auch am Wochenende, zur Weide. Die Gäste der Kneipe zapften in der Zeit fröhlich weiter. Natürlich hatte sie Vertrauen, dass alles Getrunkene von den Gästen auch später bezahlt wur-de. Eines Tages, als sie die Kuh zu Weide führte – ihre Kuh hatte sehr große Hörner – kam sie an einigen Straßenbauarbeitern vorbei.
Die Arbeiter sagten schließlich: „Schaut! Da kommt die Frau mit dem Butterhirsch“.
Nun hatte die Gastwirtschaft einen zweiten inoffiziellen Namen „Zum Butterhirsch“, der heute noch verwendet wird.

Anna Nassheuer mit Kuh – Rechts Katharina und Lena Esser

Am 4. Januar 1972 starb Nells Ann. Da ihr Bruder Jakob Nassheuer mittlerweile schon zu alt war, konnte er seine Tochter Kathi (Katharina), die zwischenzeitlich Josef Frings aus Vussem geheiratet hatte, zur Fortführung der Gastwirtschaft gewinnen.
Im September 1972 wurde dann umgehend die Gastwirtschaft modernisiert, die Theke in den Gastraum verlegt. Fahrer des beliefernden Bierverlages machten Kathi darauf aufmerksam, dass der Gastwirtschaft ein richtiger, knackiger Name fehlte. So wurde schließlich recht schnell der Name „Em Stöffje“ gefunden, was so viel wie eine gute, gemütliche Stube bedeu-tet.
Noch heute ist der ursprüngliche Charme der Gastwirtschaft erhalten. Die Dorfbevölkerung hofft und freut sich darauf, dass sie noch viele Jahre erhalten bleibt.

Kathi Frings mit einem Gast im Schankraum

Übrigens: Am Weiberfastnachtstag im Jahre 2023 feierte die Wirtin Kathi Frings ihren 85. Geburtstag.


Quellen:
  • Gastautor Gerd Nöthen
  • Mündliche Überlieferungen, Dokumente, Fotos Katharina Frings geb. Nassheuer
  • Artikel aus dem Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden
  • Jan Wiesemann, „Rund um Köln“, Band 4., Bouvier-Verlag Bonn 1996