Johann W. Mießeler
„Maria, Maria, Maria watt häss du mömm Jupp nur gemaht
Maria, Maria, Maria demm wähs nur der Buch on net de Bart.
Nahts schläf er bem Leevje, morgens dräht er Breefje
on die Gurke lät er wahse bis mitten ob de Strohs.“
Dieser Text, gesungen nach der Melodie von Marina, Marina von Rocco Granata, war nur eins von vielen Liedern die das Feytaltrio in den 50er bis 70er Jahren bei Karnevalsveranstaltungen und diversen Vergnügungen zum Besten gaben. Im vorgenannten Text wurde die Aufschneiderei und Angeberei von Schröder Jupp besungen, der als Hobbygärtner, mit seinen Riesengurken, die angeblich aus seinem Garten über die Straße wuchsen, prahlte. Post Jupp oder Gurken Jupp, wie er auch genannt wurde war der Briefträger des Ortes, der alle Kochkünste der Feyede Frauen kannte, weil er permanent nach gutem Essen Ausschau hielt und ständig Gefahr lief, im eigenen Kinnwasser zu ersticken. Als findiger Geschäftsmann war er immer gerne bereit eine Spritztour mit kaufwilligen Ortsbewohnern in das entsprechende Geschäft zu unternehmen. Neben den Waren aus dem eigenen Laden war er auch mit Spielautomaten und Musikboxen in den umliegenden Kneipen vertreten.
Aber wie fand das Feytaltrio zusammen?
Johann Hamacher, besser als „Schäng“ oder „Jean“ (auf Grund französischer Gefangenschaft) bekannt, wohnte mit seiner Familie in der Gaststätte Sistig zur Miete. Die Wirtsleute waren Tienchen und Johann Peter Sistig, Jumbo oder Seemann, wie er auch als gedienter Heizer bei der Marine genannt wurde. Familie Hamacher hatte von einem Zimmer aus Blickrichtung zum Saal der Gaststätte. Eines Abends vernahm Schäng ungewöhnliche Geräusche aus Saalrichtung. Unerschrocken ging er der Ursache auf den Grund und entdeckte zwei für den nächsten Karneval übende Musikanten. Erleichtert über das was er vorfand war er als guter Akkordionspieler schnell überzeugt, aus dem Duo ein Trio zu machen. Soweit sich Schäng erinnern kann, muß es etwa 1953 gewesen sein. Ein Name war auch schon parat und das Feytalttrio war geboren.

Die Texte waren auf die im Laufe des Jahres erfahrenen Episoden im Ort, mal lustig, mal heiter in Reimform aufgeschrieben. Peter Feld, auch Feld oder Pitter genannt und Ecke Schäng spielten Akkordeon. Hubert Ohlenhardt, besser unter Schalke bekannt – unschwer zu erraten warum – spielte kein Instrument. Alle drei waren für den Gesang zuständig. Die Textvorschläge kamen überwiegend von Peter Feld. Die Melodie wurde zusammen ausgesucht. Wöchentliche Übungsstunden wurden jeweils mit Korn begleitet, damit die Zunge gelöst und der Ideenreichtum angeregt wurde. Hin und wieder wurde durch den übertriebenen Genuß des Knolli Brandy der Heimweg aus dem Hause Feld oder Hamacher zum Schleichgang.
Der neue Wirt
Die bereits erwähnten Wirtsleute, Tienchen und Jumbo, waren wie ihr Liebling Hexje mittlerweile in die Jahre gekommen. Et Hexje, ein verkrüppelter Rehpinscher, der sich nur noch auf zwei Vorderläufen bewegen konnte, war oft Gegenstand von Späßen, die sich Kneipengäste mit ihm machten. Ebenso auch passiert und gezeigt auf dem Foto vom Feytaltrio mit eingewickeltem Hexjen, Ausschnitt aus dem Liedtext:
„Es gab ja so viel Spaß, wenn er im Sessel saß und hielt auf seinem Arm das kleine Hexjen warm. Es wurde durchgemacht bis früh um Acht, der Wirt war eingeschlafen und nicht aufgewacht.
So wie es früher war in unsrer Seemannsbar, so wird es nimmer sein, das sieht doch jeder ein. Denn heute hört man es aus jeder Mund, wo mag er sein der alte Wirt mit seinem Hund.“

Das Lied „Madalena“ besang das reizvolle Auftreten der in Köln wohnenden Nichte der vorgenannten Wirtsleute bei ihren Besuchen auf dem Dorf. Auf dem Tisch tanzend verdrehte sie manch einem jungen Mann den Kopf. „Däh Klub“ zielte auf die vorwitzigen Bewohner des Hauses „an Krütz“ ab. Bei schönem Wetter saß der Klub auf einer Bank hinterm Bach an der „Gemeende Bröck“. Bei schlechtem Wetter stritten sich die Hausbesitzer, Tant Len, Karl und Lud, Sonntagsmorgens mit Thiels Änn und Ecke Bill um die Logenplätze am Fenster. Hinzu gesellten sich noch die beiden Brüder Jupp und Michel. Unter Anderem steht im Text des Liedes. „Watt Mohan passiert, datt öss doch klar, datt wiss de doh att Höck jewahr“.
An die nachfolgenden Titel werden sich noch viele Eiserfeyer Bewohner erinnern, ohne die Zugrunde liegenden Geschichten weiter zu erläutern
„Villa Hügel“ (Globus von Dr. Toni Breuer in Abschied)
„Schänche sen Forelle“ (Anlage der Forellenteiche bei Mießeler Schäng)
„Chress senge Hoot“ (Besudelei des Hutes von Christian Rätz)
„De Hötteschopp“ (Ehemaliger Schandfleck im Auel, heute im Besitz von Fam. Cilensek und sehr schön hergerichtet)
„Die Müllabfuhr“ (Als Erich Nöthen und Heinrich Hochgürtel noch für die Müllabfuhr im Ort sorgten)
„De Wönkmöll“ (Der erste Versuch im Ort durch Peter Feld mit Windkraft Strom zu erzeugen)
„Wenn der Fastelovend kött“ (Selbsterklärend)
Eine eher etwas ungewöhnliche Geschichte lag dem Lied „de Botzemann“ zu Grunde. Ob es sich hierbei um eine Tat von einem Verrückten, einem Abartigen oder eher einem kreativen Modedesigner handelte, der Vorreiter von sexy Dessous für Plus Size Modells war, ist nicht überliefert. Möglicherweise fehlte ihm auch das nötige Kleingeld für seine eigenen Kreationen und benutzte deshalb die Liebestöter fremder Eigentümerinnen. Auf jeden Fall waren die Betroffenen, die morgens ihre getrocknete Wäsche von der Leine holen wollten, mehr als erschrocken. Den Damenunterhosen waren die Spickel herausgeschnitten worden. Der Vorfall kam umgehend zur Anzeige und führte zu tagelangen Diskussionen, Spekulationen und Gesprächsstoff über das „Wer und Warum“. Im „Kollangeblättchen“ (Scheisshausparolen, Gerüchte) überschlugen sich die Ereignisse. Es wurden Fallen gestellt und letztendlich ein Nicht-Eiserfeyer als Täter überführt.
So entstanden im Laufe von Jahrzehnten eine Menge schöner, witziger, humorvoll vorgetragenen Lieder, die zwar die Ortsbevölkerung aufs Korn nahmen, aber nie beleidigend waren. Die Lieder wurden fast ausschließlich in „Feyede Platt“ (Dialekt, Mundart) vorgetragen.
Unvergessen bleibt daß von Peter Feld komponierte und getextete Eiserfeyer Heimatlied.
Altersbedingt war dann irgendwann Schluß. Aber Feld Pitter hatte schon mitseinen Jungs, die er „de Vänte“ nannte und die nachfolgend in diesem Heft ausführlich beschrieben sind eine neue Generation von Dorfmusikanten auf die Beine gestellt. Die Vänte sind nahtlos in die Fußstapfen ihrer Vorgänger eingetreten.
Aus Anlaß der 1125-Jahrfeier, im Jahr 1992, lieferte das Feytaltrio auf dem Festkommers noch einmal einen Beweis seines Könnens. Leider war Hubert Ohlenhardt an diesem Abend verhindert und wurde durch Manfred Feld mit der Gitarre vertreten. Mit dem Vortrag ausgewählter Glanznummern aus ihrem reichhaltigen Reportoire begeisterten sie das Publikum und wurden mit tosendem Beifall verabschiedet.