Feyede Verzällchen – Theis‘ Matthes


Matthes war der Dorfschmied. Zupacken konnte er, ja, hart arbeiten, aber er hatte auch den Schalk im Nacken, meist spielte ein verschmitztes Lächeln um die Mundwinkel, die Augen blitzten. In seiner aktiven Zeit hatte er Pferde und Ochsen beschlagen, war Anlaufstelle für Neuigkeiten. Matthes interessierte sich, half, erzählte, unterwies uns „Immis“ im Mähen, zeigte uns die alte Technik des Säens, die Körner flächig aus dem Handgelenk im Rhythmus der Schritte geworfen. Und dann erzählte er von damals, von Freund- und Feindschaften, von Kumpeln und Mistkerlen.

Matthias Theisgen – Dorfschmied

So erzählt er von (ich nenne ihn jetzt) Franz aus dem Nachbarort, der viel unterwegs war, gern schlechte Neuigkeiten verbreitete, gern über jeden herzog, der gerade nicht anwesend war, und der sich auch gern mal bediente, wenn etwas unbeaufsichtigt herumlag und auf lange Finger wartete. Außerdem verband Matthes und Franz eine stabile Feindschaft aus der Jugendzeit, die zwar nach außen durch eine formelle Freundlichkeit übertüncht wurde, die aber auch langlebige Wurzeln hatte. Jetzt die Situation: Matthes steht an seiner Schmiede und bearbeitet ein Stück „weißwarmen“ Stahls, als er am Poltern des eisenbeschlagenen Handkarrens das Herankommen von Franz bemerkt. Flugs wirft er das Stück Stahl an den Rand der etwas oberhalb gelegenen holprigen Straße und harrt der Dinge. Franz kommt näher, sieht das Beutestück, das gerade seine Rotglut verloren hat, … und wird nur durch ein kurzes Zischen, einen etwas längeren Geruch und eine langanhaltende Pein am Einsammeln gehindert. Matthes mimt den Erschrockenen und Betroffenen, aber – sein Herz lacht.Neugierige Besuchern der Schmiede unterhielt Matthes gern mit einem besonderen Trick: In der Linken ein Stück Stahl, dessen Vorderende hell glühte, in der Rechten den Schmiedehammer wandte er den Besuchern den Rücken zu. Dann spuckte er einen ordentlichen Klecks auf den Amboss, legte das glühende Eisen darauf, schlug sofort mit dem Hammer zu und löste damit einen lauten Knall aus, wobei sich die Spucke innerhalb einer Millisekunde in Dampf umwandelte. Die Besucher erschraken heftig – Spaß muss sein!

MatthiasTheisgen u Christian Rätz

Ne andere Anekdote: Die Esse ist kalt und das helle Klingen auf dem Amboss für ein paar Stunden am Nachmittag verstummt. Der typisch rauchige Geruch in der Schmiede ist verdrängt vom beißenden Geruch einerschwarzen, teerigklebrigen und zähen Substanz, die vor Erkrankung der Klauen schützen soll. Matthesist dabei, das Geläuf eines Ochsenpaares zu pflegen, indem er einen quastartigen, dicken Pinsel in den Blecheimer mit besagter Substanz eintaucht und sorgfältig die Klauen einstreicht. Er ist vertieft in seine Arbeit und bemerkt Schmitze Karl (Name geändert) aus Mechernich erst, als dieser dicht neben ihm steht bzw. wankt. Karl hat in Mechernich keinen Kredit mehr und hat gerade bei Walber sein Quantum Schabau erschlichen, jetzt schnorrt er den Schmied an: „Matthes, häste jet ze Drönke für mich?“ … „Jank erop bei Traudsche un frooch!!“ Völlig betrunken zieht sich Karl am Treppengeländer entlang in den Hausflur, als er merkt, dass er sein Wasser nicht mehr halten kann. Einen Augenblick später hört der Schmied seine Frau rufen: „Matthes, kumm schnell, der seck us en de Flur!!“ Wütend taucht Matthes den dicken Pinsel noch einmal in den Topf, eilt die Treppe hoch und kleistert dem verdutzten Karl durch den noch offenen Hosenstall gründlich das Gehänge ein.
„Överläch dir et nächste Mol besser, wo de hensecks!!“ Karl musste sich einer in jeder Hinsicht peinlichen Reinigung mit ätzenden Substanzen nebst Rasur unterziehen.


Quelle:
Gastautor Theo Weidebach, Eiserfey, Chronik 1150 Jahre Eiserfey 2017